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Intelligente Automatisierung am Ende der Fertigungslinie – Teil 1: Ist die Packstation der letzte Endgegner?

Geschrieben von Mathieu Tremblay | 06.11.2025
Some directors dream of autonomous automation. The inherent complexity of the finishing department makes this goal unrealistic. Automation always comes at the cost of flexibility and versatility, and on a folder-gluer flexibility and versatility is often the name of the game. 
 
Manche Geschäftsführer träumen von vollständig autonomen Automatisierungslösungen. Die Prophezeiungen sind vollmundig. In der Realität ist dieses Ziel jedoch in der End-of-Line der Faltschachtelproduktion oft unerreichbar. Die inhärente Komplexität der Endverarbeitung macht eine vollständige Automatisierung nahezu unmöglich. Automatisierung erfolgt stets auf Kosten von Flexibilität und Vielseitigkeit – Eigenschaften, die gerade bei Faltschachtelklebemaschinen oft entscheidend sind.

Im Gegensatz zu Druck- und Stanzprozessen, die weitgehend automatisiert sind, bleibt die End-of-Line in der Weiterverarbeitung weitgehend manuell – und sie ist zugleich der komplexeste Teil der Linie. Warum ist das so? Bei Faltschachtelverpackungen beeinflussen bereits geringfügige Produktabweichungen das Verhalten der Maschine: Die Dicke des Rohpapiers, Feuchtigkeit, Lagerzeit und andere Faktoren wirken sich direkt auf die Verarbeitung aus. Aus diesem Grund bleibt die Arbeit in der Weiterverarbeitung Handwerkskunst – und genau deshalb wird KI die Bediener von Faltschachtelmaschinen in naher Zukunft nicht ersetzen.

Auf einer Druck- oder Stanzmaschine ist ein Bogen ein Bogen: Vorhersehbar und konstant in Größe und Verhalten. Jeder Bogen durchläuft den Prozess jedes Mal auf die gleiche Weise. Sobald der Rohling jedoch die Faltschachtelklebemaschine erreicht, steigt die Variabilität erheblich. Jeder Kartontyp verhält sich anders und bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich 
 

Die Arbeit in der Weiterverarbeitung ist nach wie vor Handwerkskunst. 

 
In der Vergangenheit wurde diese Variabilität vor allem durch menschliches Eingreifen ausgeglichen. Menschen sind anpassungsfähig und flexibel – genau darin liegt ihre Stärke.

Doch unter den aktuellen Arbeitsbedingungen wird es zunehmend schwieriger, diese Positionen zu besetzen. Viele Mitarbeitende sind nicht mehr bereit, körperlich anstrengende Tätigkeiten dauerhaft auszuführen. Zudem wirkt sich die natürliche physikalische Begrenzung von Tempo und Ausdauer eines Menschen direkt auf die Produktionskapazität aus. Dies macht deutlich, warum die Automatisierung an der Finishing-Line immer wichtiger wird: Sie reduziert körperlich belastende Tätigkeiten, erhöht die Produktivität und entlastet das Personal.
 
 
Die Geschicklichkeit des Menschen ermöglicht eine schnelle Anpassung an wechselnde Produkttypen und Verpackungskonfigurationen. 
 
 

SMART-Automatisierung 

Was ist intelligente Automatisierung? Intelligente Automatisierung bedeutet selten eine völlig autonome Produktion. Der richtige Automatisierungsgrad passt zu Ihrem Produktmix und Ihren ROI-Zielen.  Für einige Endvearbeitungslinien ist ein halbautomatischer Packer die richtige Lösung... für andere ist ein automatischer Packer besser geeignet. Nach der Integration eines automatischen Packers können weitere automatisierte Maschinen eingebunden werden, bis Ihre Linie vollständig automatisiert ist.  

Automatisierung in der Verpackungs- und Fertigungsindustrie startet immer mit der Auswahl manueller Tätigkeiten, die eine Maschine effizient ausführen kann. Sie beginnen damit, Ihren größten Engpass zu lokalisieren. Finden Sie heraus, was die Geschwindigkeit Ihres Prozesses einschränkt. 

Beginnen Sie mit der Automatisierung, zeigt sich häufig: Sobald ein Engpass gelöst ist, taucht der nächste auf – ein neuer Faktor, der die Produktionsgeschwindigkeit begrenzt.

Ein kleiner Schritt in Richtung Automatisierung erfordert oft große Veränderungen und löst weitere Automatisierungen aus. Irgendwann wird der End-of-Line-Prozess so schnell, dass die visuelle Qualitätskontrolle durch Menschen nicht mehr mithalten kann. Sie benötigen dann Hochgeschwindigkeits-Inspektionssysteme, die mit Ihrer Faltschachtelklebemaschine synchronisiert sind.  
 
Jede neue Automatisierungsstufe wirkt sich auf mehrere Bereiche aus:
  • Maschineneinrichtung und Umrüstung – Anpassungen an Technik und Layout
  • Rollen und Qualifikationen der Mitarbeitenden – neue Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten
  • Planung von Personal und Produkten – Schichtplanung, Produktionsabfolge, Auftragsmanagement
  • Qualitätskontrolle und Prozessoptimierung – Monitoring und Verbesserung der Abläufe
  • KPIs und Leistungsbewertung – neue Kennzahlen und Bewertungskriterien
 
 
 
 
Der Übergang von manuellen Aufgaben zu automatisierten Prozessen ist kein einfacher linearer Prozess.
 
 

Der Start in die Automatisierung

 
An diesem Punkt der Diskussion fühlen sich einige Teams überfordert. Aber betrachten Sie dies nicht als „eine nie endende Reise, die Sie besser nicht antreten sollten”. Oder folgen blind einem Hype. Wenn Sie das Endziel kennen, können Sie den Prozess besser steuern. Mit jedem Schritt kommen Sie der intelligenten Automatisierung näher. Mit einem durchdachten Automatisierungskonzept vermeiden Sie unnötige Kostenfallen auf dem Weg zur Effizienz.

Ironischerweise bieten gerade die ‚weniger glamourösen‘ Fertigungslinien oft das beste Verhältnis von Investition zu Produktivität. Eine Analyse von Hunderten von Produktionslinien zeigt dabei vier typische Szenarien...
 

Gängige Automatisierungsstufen: 

  • Manuell: Die meisten Aufgaben werden von Menschen erledigt; lediglich Falzen und Kleben sind automatisiert.
  • Halbautomatisiert: Bestimmte Aufgaben übernimmt die Maschine, andere bleiben manuell.
  • Automatisiert: Maschinen übernehmen die schweren Tätigkeiten, während Menschen weiterhin beteiligt sind.
  • Vollautomatisch: Die gesamte Linie läuft automatisiert; menschliche Präsenz ist nur für Einrichtung, Vorbereitung und Notfälle erforderlich.
 

 
 
Welcher Automatisierungsgrad ist nun der richtige für Ihre Weiterverarbeitungslinien?
In Teil 2 dieser Artikelserie beschäftigen wir uns ausführlich mit den verschiedenen Automatisierungsstufen und zeigen Ihnen, wie Sie die optimale Lösung für Ihre Produktionslinie finden. Doch bevor wir in die Details gehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Herausforderungen und Besonderheiten der End-of-Line, die jede Automatisierungsentscheidung beeinflussen.
 

GRUNDPRINZIPIEN der SMART-Automatisierung 

 

Optimieren Sie Ihre Abteilung 

Standardisieren, bevor Sie automatisieren – automatisieren Sie kein Chaos.

Intelligente Planung und Produktspezialisierung sind bei Faltschachtelklebemaschinen entscheidend. KI kann die physischen Aufgaben zwar noch nicht vollständig übernehmen, doch sie kann bei Planung und Terminierung wertvolle Unterstützung leisten.

Sie müssen nicht jeden Job auf jeder Maschine ausführen. Nutzen Sie Ihre Daten, um Aufgaben zu segmentieren, Umstellungen zu vereinfachen und Muster zu erkennen. So bleiben Sie flexibel, können Aufträge gezielt spezialisierten Linien zuweisen und Rüstzeiten minimieren.

Sie könnten beispielsweise eine Faltschachtelklebemaschine mit automatischer Verpackungsanlage für große Auflagen einheitlicher straight-line Kartons einsetzen. Für kleinere Auflagen oder komplexere Produkte empfiehlt sich der Einsatz einer halbautomatischen, modularen Verpackungsstation auf einer flexiblen Fertigungslinie.


Beherrschen Sie den Faltschachtelklebeprozess


Automatisierung bringt Komplexität mit sich. Schlechtes Management an der Fertigungslinie kann die zuvor beim Drucken oder Stanzen erzielten Gewinne zunichtemachen. Bedruckte, folienbeschichtete und gestanzte Kartons können unbrauchbar werden, wenn die Leistung der Faltschachtelklebemaschine nicht richtig gesteuert wird. Wenn Sie die Geschwindigkeit erhöhen, ohne die Qualität zu kontrollieren, steigt Ihre Ausschussquote. Deshalb ist es so wichtig, den Faltschachtelklebeprozess zu beherrschen und den gesamten Arbeitsablauf zu optimieren, wenn Sie Automatisierung einführen.

 
 

MODULARITÄT

Intelligente Automatisierung ist flexibel und modular. Modulare Systeme ermöglichen es Ihnen, sich an veränderte Anforderungen anzupassen. In einer Branche, die so vielen Veränderungen unterworfen ist, können Ihr System und Ihre Prozesse nicht statisch sein. So können Sie aus den verfügbaren Maschinen, oft von mehreren OEMs, eine maßgeschneiderte Lösung zusammenstellen.
 

KONNEKTIVITÄT

Digitale Integration nutzen

Konnektivität ist der Schlüssel: Sie ermöglicht es, dass verschiedene Systeme nahtlos miteinander kommunizieren. Stellen Sie sicher, dass Ihre ERP-, MES- und Planungssysteme mit Ihren Produktionsanlagen verbunden sind. So können Sie Daten sammeln, die Leistung messen, Zeitpläne optimieren, Ziele setzen und kontinuierliche Verbesserungen vorantreiben.

Eine vollständig vernetzte Lösung erlaubt es Verpackungsherstellern, die von verschiedenen Maschinen erfassten Daten effizient zu nutzen. Aus diesem Grund haben wir bei IMPACK – wie auch mehrere andere OEMs – kürzlich eine völlig neue Automatisierungs-App entwickelt und auf den Markt gebracht.
 
 
Links: Frederic Boyadjian, P. Eng., Leiter Automatisierung bei IMPACK, leitete sein Team bei der Entwicklung einer innovativen Automatisierungs-App mit B&R's Automation Studio, um den Anforderungen von morgen gerecht zu werden.
 
 

Überlegungen für eine erfolgreiche Integration

• Ist Ihr Prozess optimiert, standardisiert und digitalisiert?
• Sind Ihre Mitarbeitenden bereit für Veränderungen?
• Ist Ihre Strategie so ausgerichtet, dass Sie die perfekte Balance zwischen Flexibilität und Durchsatz erreichen?
• Messen Sie den ROI anhand realistischer, umfassender Kennzahlen?

 

Zusammenfassung

Bei IMPACK ist es unser Ziel, neue Wege zu gehen – in der Produktion und in der Zusammenarbeit. Nach über 20 Jahren Erfahrung mit Faltschachtelklebemaschinen haben wir folgende Erkenntnisse gewonnen:

  • Vollständige Automatisierung ist nicht immer das Endziel.
  • Halbautomatisierung ist oft der klügere erste Schritt.
  • Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Zusammenspiel von Mensch, Prozess und Maschine, nicht nur in der Technologie

Es ist Zeit für einen Mentalitätswandel: Automatisierung ist kein Wundermittel, das alle Probleme löst. Es gibt keine Maschine, die alles kann. Automatisierung ist ein prozessbasierter Ansatz, kein Produkt. Wenn Mitarbeiter glauben, KI sei allmächtig und könne alles, nutzen sie diese falsch. Wenn sie aber Angst davor haben und sie gar nicht nutzen, hat das ebenfalls Nachteile. Automatisieren Sie nicht, weil Sie es können – automatisieren Sie, weil es ein konkretes Problem löst.
Automatisierung ist nicht das Endziel, sondern ein strategisches Mind-Set. Automatisierung erhöht die Kapazität, schont Ressourcen und verbessert die Arbeitsumgebung – so führen, wachsen und optimieren Sie Ihr Unternehmen smarter. 

 
 Fußnote: Alle Bilder von Dmytro Zhurov, Copyright Conception IMPACK 2025